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Agil im Praxistest

Iris Rommel | Agile Organisation

Schrift: Try something new. Was treibt agile Organisationen an?

Was wir schon ganz sicher wissen

Was das Thema „agile Organisation“ im Kern antreibt, sind die Auswirkungen der Digitalisierung.
Würde uns dieser technologischen Wandel nicht ständig herausfordern mit immer neuen Möglichkeiten, Produkte und Services zu entwickeln, wären wir Deutschen wohl weiterhin ganz zufrieden mit unseren flachen Hierarchien, die wir in den letzten drei Dekaden Organisationsgeschichte erarbeitet haben.
Wir hatten die hierarchische, arbeitsteilige pyramidale Organisation doch schon ganz passabel flexibel gemacht, oder?

Stimmt schon, und wir bauen in agilen Organisationen selbstverständlich auf diese Management-Methoden auf. Es wäre naiv anzunehmen, dass wir die bewährten Managementprozesse und Tools nicht mehr nutzen in agilen Organisationen.
Das Arbeiten in verlässlichen, interdisziplinären Teams wird zum Beispiel zum Kernstrukturelement der agilen Netzwerkorganisation.
Die Cockpit-Kennzahlen, die das Controlling dem Management zur Verfügung gestellt hatte, werden jetzt mit allen MitarbeiterInnen digital geteilt.
Die MitarbeiterInnen entwickeln die Wertschöpfungsprozesse selbstorganisiert, kontinuierlich weiter und nehmen somit Anleihe an den Methoden der KVP-Tradition.
Agilisieren wir unsere Organisationen, sind wir also weniger Bilderstürmer, die altes Organisationswissen und Gepflogenheiten abreißen, sondern wir stehen auf den Schultern unserer Vorgänger und entwickeln unsere Organisationen hinein in die neuen Bedürfnisse veränderter Umwelten.

Halbherzigkeit ist nicht genug

Aber so radikal, wie die Digitalisierung unsere Geschäftsmodelle verändert, so entschieden muss heute die interne Organisationsentwicklung vorangetrieben werden, wenn wir unsere Organisationen zukunftsfähig machen wollen.

Entschiedenheit heißt für uns in diesem Fall:

Zügig statt perfekt

Wir sollten keine Zeit verlieren, sondern jetzt damit beginnen – disruptive Entwicklungen werden uns nicht verschonen. Ihre Agilisierung muss nicht perfekt sein, aber bitte warten Sie nicht auf einen imaginären, externen Startschuss, sondern fangen Sie umgehend an der Ecke an, die Ihnen vielversprechend erscheint.

Konsequent wertschöpfend durch Kulturarbeit kroete website

Wir sollten aufhören, Kröten zu schlucken in den Organisationen – wir dürfen interne Reibungsverluste nicht länger akzeptieren. Sie rauben uns die Ressourcen, die wir dringend brauchen, um uns innovativ im Wettbewerb aufzustellen.

Hier kommt Kulturarbeit auf Sie zu. In agilen Organisationen geben wir uns mit den eingeschwungenen, wertvernichtenden Businessritualen nicht mehr zufrieden.
Meetings ohne Mehrwert, Entscheidungsrituale, die Innovationen und Motivation verhindern und verzögern – Bürokratien, die uns produktive Zeit kosten. Diese von allen ungeliebten Seiten unserer Organisation können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten.

Wie agil sind Sie?

Wir müssen mutiger sein, als wir es bisher waren, denn wir sind in dieser Transformation zu mehr Agilität sehr persönlich gefordert.
Wir müssen uns auseinandersetzen mit unserer Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen und loszulassen. Wie ist unsere innere Haltung zu Experimenten. Die Sätze „Das geht nicht“ oder „Das geht nur so“ machen uns nicht innovativ. Unsere Sehnsucht nach Perfektion und Sicherheit sollte nicht ausschlaggebend für Entscheidungen sein. Sie werden auch persönlich Neuland betreten auf dem Weg in die agile Organisation.

Wie geht agile Transformation?

Wir möchten an dieser Stelle einfach radikal subjektiv sein und mit Ihnen unsere synthese-Learnings aus zwei Jahren Agilitäts-Begleitung teilen.

Nicht mit agiler Markenorientierung in Reinform

Wir verzichten inzwischen darauf, bei unseren Kunden Agilität zu interpretieren als SCRUM oder HOLACRACY, um zwei bekannte, agile „Marken“ zu nennen.
Wir bedienen uns allerdings hemmungslos bei diesen und anderen Marken, um ein Bündel der „Best of“ agiler Arbeitsmethoden pragmatisch zusammenzustellen. Was nützt oder nicht nützt, entscheiden unsere Kunden im Praxistest dieser Methoden.

Glücklicherweise nicht ganz oder gar nicht

In unserer ersten Auseinandersetzung mit dem Konzept der Netzwerkorganisation wirkte es für uns unumgänglich, erst einmal die ganze pyramidale Hierarchie einer Organisation außer Kraft zu setzen, damit die agile Netzwerkorganisation entstehen kann.
Für Startups, die sich bereits mit der Idee ohne Hierarchien wachsen zu wollen, gegründet haben, kein Problem. Für unsere etablierten Kundenunternehmen, deren Aufbauorganisation kulturell und arbeitsrechtlich unauflöslich zu sein scheint, ein großes Problem.
Inzwischen haben wir erlebt, wie sehr wohl in Teilbereichen von Organisationen (zum Beispiel in Abteilungen) oder in Teilthemen einer Organisation (zum Beispiel Aufbau neuer Teamstrukturen und Projektteams) Experimentier- und Schutzzonen für das Erproben agiler Arbeitsformen sinnvoll entstehen können.
Uns und unsere Kunden hat diese Erkenntnis sehr ermutigt, sich auf den Weg machen zu können, ohne Blankoschecks für unkalkulierbare Destabilisierungsrisiken unterschreiben zu müssen.

Bierernst ist nicht agil – Ihr Spieltrieb ist gefragt

Was wir von den Pionier-Startups gelernt haben, ist die Lektion, dass Erwerbsarbeit Spaß machen soll und darf und kann. Und das nicht nur verschämt als individuelle, innerpsychische Flow-Erfahrung. Sondern in agilen Organisationen mit einem menschzentrierten Wertegerüst genießen Teams das Zusammenarbeiten ganz offen.

Wir merken, dass in den Werten und Konzepten agiler Arbeit ein großes Befreiungspotenzial steckt, das wir uns und unseren Kunden auch schon beim Beschnuppern dieser Konzepte nicht vorenthalten möchten.
Verantwortung teilen zu können, erleichtert. Experimentier- und Lernfreundlichkeit macht uns entspannter im Umgang mit unserer Unperfektheit. Morgen alles wieder anders machen zu können, wenn es nicht funktioniert, nimmt den Entscheidungen das Drückende, das wir sonst als Schlaflosigkeit mit nach Hause nehmen.

Agile Innovationsmethoden (Design Thinking) machen die Büros bunt. Das Prinzip der agilen Organisationen, Freiwilligkeit zu nutzen und spielerisch um neue Problemlösungen zu wetteifern (Awards, Gamification) bringt Spaß ins Unternehmen.
Der kleine Schuss kalifornischen Lebensgefühls, der in den agilen Methoden immer noch zu spüren ist, tut uns in Deutschland gut. Wir jedenfalls lassen uns inzwischen gerne auf diesen Aspekt der agilen Organisation ein, auch wenn wir und unsere Kunden nicht mehr Dreißig sind.

Gemeinsam Forschen, Testen, Lernen und Dranbleiben

Da wir noch nicht nachlesen können, wie die agilen Organisation nun ganz genau aussehen werden, weil noch wenig Erfahrungswissen damit existiert – vor allem in Nicht-Softwarebranchen und in Nicht-Startup-Organisationen – müssen wir uns anders schlau machen.
Wir verbringen gerade viel Zeit mit dem Aufbau von Communities, mit dem Besuch von Netzwerktreffen, wo wir mit anderen Forschenden und First Usern agiler Organisationsformate die ersten Praxiserfahrungen austauschen.

In der Beratung fangen wir grundsätzlich immer dort an, wo die Energie des Kundensystems andockt. Bewährt hat sich außerdem, im ersten Schritt die Organisationen mit Wissen zu agilen Arbeitsmethoden und Organisationsformaten zu versorgen. Anschließend setzen wir auf relaxte Nachhaltigkeit. Oder: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut…
Den schnellsten Zugang finden unsere Kunden meistens zum Element der selbstorganisierten Teams. Herausfordernd sind für uns und vielen Kunden noch die Fragen „wie schaffen wir einen strategischen Rahmen für die Selbstorganisation“ oder anders formuliert: Wie führt man eine komplexe (größere, internationale) Netzwerkorganisation? Hier werden wir wohl noch etwas Geduld haben müssen, bis prägnante Erfahrungswerte dazu vorliegen.


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